2 Makkabäer

Bibelwissenschaft

© Franz Böhmisch

Zu den Makkabäerbüchern vgl.
Projekt HBLA Steyr (Österreich) unter der Leitung von Mag. Ewald Staltner (Linz):
Die Makkabäerbücher: Exegese, Auslegungsgeschichte, Kunst, Musik, Literatur.
 

Bibel als Literaturerlebnis und Infotainment (2Makk)

Lit.:
Stephanie von Dobbeler, Die Bücher 1/2 Makkabäer (SKK.AT), Stuttgart 1997.


Einige Texte der Bibel wollen als gute Literatur zunächst einfach nur gut unterhalten, wie das Vorwort des sog. Epitomators in 2Makk 2,24-32  und sein Nachwort 2Makk 15,37-39 zeigt.

2Makk 2,24-32:

„Wir bemerkten nämlich die Flut der Zahlen, und wie schwierig es wegen der Menge des Stoffes ist, sich in die geschichtliche Darstellung einzuarbeiten. So nahmen wir uns vor, die, die gern lesen, zu unterhalten, denen, die mit Eifer auswendig lernen, zu helfen, allen aber, die das Buch auf irgendeine Weise in die Hand bekommen, zu nützen. Uns ist es allerdings nicht leicht gefallen, in mühseliger Arbeit diesen Auszug anzufertigen; es hat vielmehr Schweiß und durchwachte Nächte gekostet.  Wer ein Gastmahl anordnet und den Nutzen anderer sucht, hat es ja auch nicht leicht. Dennoch haben wir die Mühe gern auf uns genommen, um uns viele zu Dank zu verpflichten. Die Einzelheiten genau zu untersuchen, überließen wir dem Geschichtsschreiber. Wir haben uns nur darum bemüht, einen ordentlichen Auszug anzufertigen. Wenn man ein neues Haus baut, muß sich der Architekt um das ganze Gebäude kümmern; Dekorateur und Maler dagegen müssen nur das prüfen, was zur Ausschmückung nötig ist. Ähnlich beurteile ich auch unsere Aufgabe. Sich daran zu machen, die überlieferten Nachrichten kritisch zu beurteilen und bis ins einzelne genau zu untersuchen, ist Sache des Historikers. Wer aber nur nacherzählen will, darf die Darstellung straffen, auch wenn die genaue Ausarbeitung nach den Regeln der Geschichtsschreibung dabei zu kurz kommt. Nun aber wollen wir sofort mit unserer Erzählung beginnen; wir haben uns schon allzu lang mit dem Vorwort aufgehalten, und es wäre ja unsinnig, vor der Erzählung viele Worte zu machen, die Erzählung selbst aber zu kürzen.”
Der Verfasser des Hauptteils von 2Makk exzerpiert sein Werk aus den fünf Büchern der Geschichte des Jason von Kyrene und stellt es mit diesem hellenistischen Proömion den Lesern vor - als unterhaltsame Lektüre zunächst, die unser Interesse gewinnen soll. Diese aber wird, sobald man sich in die Lektüre hineinziehen hat lassen, ein Zugang zur „Darstellung der Geschichte als Schauplatz des göttlichen Handelns, auf dem Gottes Willen und sein Erbarmen offenbar wird.” [Stephanie von Dobbeler, Die Bücher 1/2 Makkabäer (SKK.AT), Stuttgart 1997, 177.]
Zumindest dieser biblische Autor ist auf einer ersten Ebene schon zufrieden, uns gut unterhalten und gut informiert zu haben (Infotainment: Information und Unterhaltung zugleich), natürlich aber raffiniert genug, uns weiter hineinzuziehen:

2Makk 15,37-39:

„Das waren die Ereignisse, die mit Nikanor zusammenhingen. Seit jener Zeit blieb die Stadt im Besitz der Hebräer. Darum höre ich hier mit der Erzählung auf. Ist sie gut und geschickt erzählt, habe ich mein Ziel erreicht; ist sie aber schlecht oder mittelmäßig - ich habe mein Bestes getan. Es ist gleich ungesund, unvermischten Wein oder pures Wasser zu trinken. Wein mit Wasser vermischt hingegen schmeckt vorzüglich. Ähnlich hängt es auch vom Aufbau der Erzählung ab, ob sie den Geist des Lesers erfreut, dem dieses Buch in die Hände kommt. Damit will ich schließen.”
Der Autor ist sich bewusst, dass sein griechisch geschriebenes Werk allen möglichen Lesern in und ausserhalb Israels in die Hände fallen kann - also auch uns. „Wein mit Wasser vermischt zu trinken”, biblische Texte als gute Erzählungen zu präsentieren, sollten wir ausgehend von 2Makk verallgemeinern, sollte folglich auch in der Bibelpastoral ein hohes Ziel sein. Gottfried Bachl hat die „Bibel als Literaturerlebnis” vorgestellt und die theologische Bedeutung des Bibelgenusses aufgezeigt, den wir Leser der Bibel uns gönnen dürfen.  Das entlastet zugleich davor, das Lesen der Bibel sofort  mit zu hohen hermeneutischen Ansprüchen totzuschlagen. Bibellesen kann einfach nur schön sein.